von Mathias Röckel
Wer Kinder hat und das Internet aktiv nutzt, kennt das: Wir lieben unsere Kinder und wir fotografieren sie wahnsinnig gerne. Zudem wollen wir die Wahnsinnsfotos unserer Wahnsinnskinder mit der ganzen Welt (oder zumindest unseren Freunden – auch denen im Internet) teilen.
Aber ist das nicht verantwortungslos? Ist es nicht besser, oder zumindest sicherer, wenn wir unsere Schätze für uns behalten und uns einfach ganz privat daran erfreuen? Nicht, dass die Bilder in falsche Hände geraten oder dass uns später die eigenen Kinder vorwerfen, verantwortungslos mit ihren Rechten umgegangen zu sein.
Wer einmal gründlich über das Thema nachgedacht hat, und das sind mittlerweile in meinem Umfeld die meisten Eltern, trägt wahrscheinlich die berühmte Schere im Kopf: Er entscheidet sich im Zweifelsfall dafür, auf der sicheren Seite zu sein, also dagegen. Kinderbilder sind Privatsache. Aus Prinzip.
Ich möchte niemandem in die Prinzipien hineinreden, aber wenn sich Leute aus Prinzip dafür entscheiden, eine Sache sein zu lassen, bringt mich das oft zum Nachdenken. Vor allem, wenn dabei auch die tatsächliche oder gefühlte Sicherheit eine Rolle spielt. Denn dass wir in Zeiten leben, in denen ein Hinweis auf „die Sicherheit“ genügt, um Leute von allerlei im Normalfall unbedenklichen Aktivitäten abzuhalten, finde ich bedenklich.
Daher veranstalteten wir auf dem Abenteuerspielplatz Rumpelhausen in Freiburg einen Workshop zum Thema „Kinderfotos“.
Ziel war es:
- Bilder zu fotografieren, die das Thema Kinder auf dem Abenteuerspielplatz schön illustrieren, ohne dass einzelne Kinder erkennbar sind. Beispielsweise, indem wir Ausschnitte zeigen (Hände, Füße, Hinterköpfe) oder mit Bewegungsunschärfe arbeiten oder in die Totale gehen oder oder oder.
- Gemeinsam Wege zu entwickeln, wie Eltern die nötige Medienerfahrung erwerben, um nicht nur selbst einen souveränen Umgang mit solchen Fragen zu entwickeln, sondern das auch an die Kinder weiterzugeben.
- Mit einem Profi (Oliver Look) einen Nachmittag zu verbringen und von ihm alles erklären lassen, was wir schon immer wissen wollten (mich zum Beispiel interessierte das Thema Blitzlicht zum Aufhellen an sonnigen Tagen).
- Zu lernen, was Exif-Daten sind und dass die auch einfach gelöscht werden können.
Der Workshop fand an einem Sonntag im Oktober statt und wir hatten viel Glück mit dem Wetter: eine tiefstehende Sonne, deren Strahlen sich in den schönen alten Bäumen brachen und den ganzen Abenteuerspielplatz mit einem warmen Licht übergossen. Und das vielleicht Wichtigste: Unsere kleinen Models mussten nicht frieren.
Ein gutes Dutzend Eltern und Kinder waren gekommen, um von Oliver Look alles über die Geheimnisse toller Kinderportraits zu erfahren und zu lernen gab es genug. Basics wie Blende, Verschlusszeit und ISO waren schnell abgehakt, weil es sich bei den Rumpeleltern, wie schon an der Länge der mitgeschleppten Objektive zu erkennen war, durchaus um ambitionierte Hobbyfotografen handelt.
Wir kamen also schnell zu fortgeschrittenen Themen wie Bildgestaltung, Verwendung des Blitzes bei Tageslicht und dem, was sich, wie ich in der Zwischenzeit erfahren habe, Intentional Camera Movement nennt (und verwackelte Bilder bringt, was aber so sein muss).
Dazu gab es Rosinenbrötchen und Pizza – von den Kindern selbst belegt und im eigenen Ofen gebacken – und natürlich eine Menge Fotos, auf denen die Kinder erkennbar Spaß haben, ohne erkannt zu werden.
Foto © Mathias Röckel