FRESH INFO +++ korrekt

Skandal um „Nigger line 780“

Warum der Teufel im Detail steckt

von Nicole Chemnitz

Aussagekräftige, richtig geschriebene Namen sind nicht nur ein nettes Detail, sondern das A und O der Unternehmenskommunikation. (Fast) nichts ist schlimmer, als wenn Kundin Müller im Brief mit Herr angesprochen, ihr Name falsch geschrieben ist oder sie gar mit ganz falschem Namen adressiert wird. Wenn der Empfänger sich schon über die Anrede ärgert, wird er der Botschaft gegenüber kaum aufgeschlossen sein. Journalisten schütteln den Kopf über die Pressemitteilung „Thema_v2_nh_vv_nj_final“ oder das Foto 123.jpg. Und selbst der beste Mitarbeiter verliert den Überblick, worum es in der E-Mail mit dem Betreff „AW:AW:AW: Anfrage“ eigentlich noch geht.

Shitstorm hausgemacht

Noch schlimmer traf es gerade PB Tech, dem nach eigenen Angaben größten Computing- und IT-Dienstleister Neuseelands: Ein schwarzes Banner, das im Newsletter nicht korrekt lud, enthüllte den Dateinamen des Elements als „Nigger line 780„. Ein Posting des entsprechenden Screenshots auf dem Social-News-Aggregator reddit später und der Shitstorm war perfekt. Das Unternehmen war nach eigenen Aussagen schockiert über diesen „groben Beurteilungsfehler eines Junior-Teammitglieds“ und reagierte unter anderem darauf, indem es nun einen Keyword-Filter für die Mailplattform hinterlegt.

Mal abgesehen davon, dass ich nicht weiß, ob jemand gerade dieses Wort gesperrt hätte und wir Kunden haben, die sich etwa rechtlich mit Kinderpornografie auseinandersetzen, was beim Filtern für erschwerte Kommunikation sorgen würde – der Ansatz im Unternehmen sollte natürlich viel früher erfolgen. Hier ein paar wichtige Tipps:

  • Die Wahl von Name/Bezeichnung/Betreff, die binnen Sekunden fällig ist, sollte immer wohl überlegt sein und im Zweifel auch noch mal geprüft werden.
  • Achten Sie auf treffende Namen für Dateien und Betreffzeilen. Das erleichtert auch Ihnen das Wiederauffinden.
  • Vorsicht vor internen Scherzbenennungen von Dateien oder Kunden-Spitznamen und Lästereien in E-Mails. Solche Dinge haben gern mal die Tendenz, in die falschen Hände zu geraten.
  • Prüfen Sie Ihren Adressverteiler auf Buchstabendreher, unlogische Schreibweisen, falsche Titelzuordnungen etc. und werten Sie damit Ihre Kommunikation deutlich auf.
  • Sensibilisieren Sie Kollegen, Mitarbeiter, Familienmitglieder, damit sie die Bedeutung von Namen zu schätzen wissen.

Foto © IrinaBraga | iStockphoto.com

 

FRESH INFO +++ dotmagazine für eco

dotmagazine: Internetwirtschaft auf den Punkt gebracht

Vom Newsletter zum Online-Magazin: Gemeinsam mit eco – Verband der Internetwirtschaft haben wir ein völlig neues Konzept für die Kommunikation mit internationalen Interessenten und Mitgliedern entwickelt. „dotmagazine“ erscheint monatlich mit einem besonderen Themenschwerpunkt. Die Inhalte werden von der Redaktion in Kooperation mit Mitgliedsunternehmen produziert. Die Veröffentlichung erfolgt online im Magazincharakter, Interessenten werden per Newsletter über die Inhalte informiert und ausgewählte Ausgaben werden sogar gedruckt.

Basierend auf unserer Ideenskizze haben wir gemeinsam mit Judith Ellis und Cáit Kinsella von eco International Member Services ein Konzept ausgearbeitet und die erste Ausgabe im Februar publiziert, die zweite folgte Anfang März. Im Interview berichten die beiden von der Zielsetzung, der Umsetzung und dem Feedback.

Bisher gab es bei eco zwei englischsprachige Newsletter – wieso jetzt stattdessen ein Online-Magazin?

Judith Ellis: Mit der Einführung des monatlich erscheinenden Online-Magazins „dotmagazine“ möchten wir unseren deutschen und internationalen eco Mitgliedern sowie anderen Partnern in der globalen Internetwirtschaft eine neue Informations- und Interaktionsplattform bieten, bei der zum Beispiel aktuelle Forschungsergebnisse, Erfahrungswerte und Best Practices ausgetauscht werden können.

Gemeinsam mit unseren eco Verbandsmitgliedern wollen wir die Internetthemen des „dotmagazine“ gestalten und weiterentwickeln. Als englischsprachiges Online-Magazin steht die Mitgestaltung jedem eco Mitglied offen und bietet unseren Verbandsmitgliedern eine internationale Bühne, auf der sie ihre Ansichten, Ideen und Erfahrungen mit dem Rest der Welt teilen können.

Was ist das Besondere am dotmagazine?

Cáit Kinsella: „dotmagazine“ reflektiert unsere Ambition, eine mediale Plattform zu etablieren, welche qualitativ hochwertige und relevante Informationen zu verschiedenen Internetthemen bündelt und weiterverbreitet, um als mögliches Bindeglied zwischen den einzelnen Akteuren der globalisierten Internetwirtschaft zu fungieren.

Judith Ellis: Für Abwechslung ist gesorgt, weil das Redaktionsteam im Vorfeld für jedes „dotmagazine“ ein neues Leitthema bestimmt, welches ausreichend Spielraum für jeweilige Interpretationen, Ideen und Perspektiven bietet. Wir planen für April die Themen „IT & Energy”, für Mai „Connectivity & Getting the Next Billion Online” und im Juni „E-Commerce, Fintech & Blockchain”.

Wie funktioniert die Beteiligung der Mitglieder?

Judith Ellis: Bisher konnten wir uns über eine sehr positive Resonanz seitens unserer eco Verbandsmitglieder sowie anderer Partnern erfreuen, seitdem wir unseren ersten Aufruf für redaktionelle Beiträge gestartet haben.

Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Reichweite innerhalb und außerhalb der eco Mitgliederfamilie weiter ausbauen können. Unser Ziel ist ein inhaltlicher Facettenreichtum an Beiträgen, der die Vielfältigkeit unserer globalvernetzten Internetwirtschaft widerspiegelt.
Wie groß ist das Team und wie läuft die Produktion des Magazins?

Cáit Kinsella: Momentan besteht das Redaktionsteam von „dotmagazine“ aus drei MitarbeiterInnen von eco International Member Services: Judith Ellis, Béla Herting und mir. Dazu kommen zwei externe Kollegen von FRESH INFO +++, Mathias Röckel und Marc C. Schmidt. Untereinander wird die redaktionelle Arbeit (zum Beispiel Übersetzungen von deutschen Texten in Englische) entsprechend der beruflichen Fachkompetenzen aufgeteilt und organisiert.

Judith Ellis: Seit Februar 2017 erscheint jeden ersten Mittwoch des Monats eine weitere spannende Onlineausgabe des „dotmagazine“. Zeitgleich erhält jeder eco Newsletter-Abonnent eine HTML-Version der aktuellen Ausgabe. Darüber hinaus wird eine Druckversion erstellt, die jeder Mitwirkende per Post erhält und die wir auch an Interessenten bei verschiedenen Veranstaltungen in der ganzen Welt kostenlos verteilen.

Cáit Kinsella: Der jeweilige Aufruf zur Einreichung von Beiträgen erfolgt drei Monate vor der eigentlichen Ausgabe und wird anhand einer E-Mail-Liste an unsere eco Verbandsmitglieder verschickt. Die Einladung ist offen für alle eco Mitglieder, dabei können verschiedene Formate wie zum Beispiel Artikel oder Audio-Interviews eingereicht werden.

Gibt es schon Feedback zur ersten Ausgabe?

Cáit Kinsella: Ja. Zum Beispiel schreibt uns Hartmut Schulz via Facebook: „Heute morgen gleich durchgestöbert, ein sehr gelungener Auftakt und online auch noch auf einer nTLD zu finden – was will man mehr. Danke an den eco und viel Erfolg mit dem Magazin!“. Und Hornetsecurity hat gleich eine ganze Rezension dazu veröffentlicht.

Diese und mehr Rückmeldungen zu unserer ersten Ausgabe haben uns sehr gefreut. Wir sind stolz darauf, was wir als Team zusammen mit unseren geschätzten Kollegen von FRESH INFO +++ geleistet haben. Auch zur zweiten „dotmagazine“ Ausgabe zum Thema „Internet Governance & Self-Regulation“ haben wir bereits erstes Feedback erhalten – ein Partnerverband hat etwa unser E-Magazine als ein „Best Practice“-Beispiel gelobt!

Wie schätzt Ihr die Zusammenarbeit mit FRESH INFO +++ ein?

Judith Ellis: Insgesamt empfinden wir die Zusammenarbeit mit unseren Arbeitskollegen von FRESH INFO +++ als eine sehr große Bereicherung, da wir uns immer hundert Prozent auf ihre Einsatzbereitschaft und Expertise verlassen konnten. Durch ihre Professionalität und Verlässlichkeit sowie ihren kreativen Einsatz konnten wir gemeinsam „dotmagazine“ als Informations- und Interaktionsmedium entwickeln und in der heutigen Form publizieren.

Foto © FRESH INFO +++

 

FRESH INFO +++ local business Facebook

8 Tipps: Facebook für lokale Unternehmen

von Marc C. Schmidt

Es gibt viele Diskussionen darüber, wie sinnvoll Online-Marketing mit Facebook ist: Mal wird argumentiert, durch die ständigen Veränderungen am Algorithmus würden nur noch wenige Posts tatsächlich ausgeliefert – mal heißt es, Jugendliche hätten dem sozialen Netzwerk vor längerer Zeit bereits den Rücken gekehrt.

Fakt ist aber, dass hierzulande mehr als 26 Millionen Menschen Facebook nutzen und dass die Möglichkeiten, durch eine Unternehmensseite (und auch durch Werbung) preiswert Reichweite aufzubauen, immer noch konkurrenzlos sind.

Wir haben daher acht praktische Tipps zusammengestellt, die sich speziell an lokale Unternehmer richten. Gerade für diese bietet das Netzwerk im regionalen Umfeld gute Möglichkeiten, zusätzliche Aufmerksamkeit zu erhalten.

1. Fassen Sie sich kurz

Ein guter Post ist kurz und bündig. Facebook-Nutzer schauen – inzwischen übrigens der überwiegende Teil mittels Smartphone – sehr flüchtig durch ihren Newsfeed. Deshalb ist eine kurze prägnante Aussage geboten, die die Aufmerksamkeit der Nutzer weckt. Für eine optimale Darstellung, auch auf Mobilgeräten, empfehlen wir eine Länge von rund 80 Zeichen.

2. Posten Sie immer mit Bild

Wie erwähnt ist Ihr Post „nur“ einer von vielen, der um die Aufmerksamkeit der Nutzer buhlt. Eine reine Textnachricht geht deshalb tendenziell im Nachrichtenstrom unter. Ein passendes Bild, das die Aussage der Nachricht unterstreicht oder idealerweise verstärkt, ist daher Pflicht. Aber aufgepasst: Bilder unterliegen Nutzungsrechten, deshalb auf keinen Fall Fotos verwenden, die im Netz „gefunden“ wurden. Wer sich schon mal eine entsprechende Abmahnung eingehandelt hat, weiß: Das kann sehr kostspielig werden. Alternativ bieten sich Fotos aus Stock-Datenbanken oder ein selbst fotografiertes Bild an.

3. Verlinken Sie auf die eigene Webseite

Bei allen Aktivitäten sollte die eigene Webseite immer die Zentrale bleiben. Hier sind Sie „Herr im Haus“ und können die Besucher am besten über die Inhalte, Menüs und Links an die gewünschte Stelle führen. Facebook sollte als Verlängerung beziehungsweise „Fangnetz“ genutzt werden, um über den entsprechenden Link die Nutzer zur eigenen Webseite zu führen. Umgekehrt bietet es sich an, die Inhalte der Webseite durch Social Buttons leicht teilbar zu machen.

4. Fügen Sie keine Links im Post-Text ein

Nicht falsch verstehen: Natürlich soll der Post idealerweise zur eigenen Webseite führen, oder eben zu einer weiterführenden Quelle, die dem Nutzer einen Mehrwert bietet. Aber wenn Sie diese Adresse (URL) in den Post kopiert haben und Facebook die Vorschau selbstständig angelegt hat, können Sie die Adresse wieder aus dem Text löschen – das spart Zeichen (siehe 1).

5. Nehmen Sie die Nutzersicht ein

Was für die Webseite gilt, ist in den sozialen Netzwerken noch wichtiger, weil hier die Konkurrenz in Sichtweite ist. Bei der Planung und Erstellung von Posts sollten Sie den Blickwinkel der Zielgruppe einnehmen. Interessiert das die Nutzer wirklich? Biete ich einen Mehrwert? Das sind beispielsweise zwei entscheidende Fragen, die vor jeder Veröffentlichung gestellt werden sollten.

6. Achten Sie auf das Feedback

Neben den eigenen Aktivitäten, sind es vor allem die Handlungen der Fans, die für den Erfolg der Facebook-Seite sorgen. Die so genannte „Engagement-Rate“, also die Zahl von Likes, Kommentaren und Shares, spielt eine große Rolle, wie oft der Post ausgeliefert wird und entscheidet somit über die organische Reichweite. Deshalb sollten Sie regelmäßig einen Blick in die von Facebook zur Verfügung gestellten Statistiken werfen, um zu verstehen, welche Inhalte bei der Fangemeinde ankommen.

7. Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt

Verständlicherweise ist Facebook nicht Ihre Hauptbeschäftigung. Trotzdem sollten Sie nicht Ihre Nachrichten verbreiten, wenn Sie Zeit haben, sondern dann, wenn die Nutzer sich mit Facebook beschäftigen. Typischerweise ist das vor allem früh morgens, in der Mittagspause, am späteren Nachmittag oder am Abend. Nutzen Sie einfach die entsprechende Funktion, um Posts zu planen und zeitgesteuert ausliefern zu lassen.

8. „Kaufen“ Sie nie Fans

Glücklicherweise haben die unseriösen Angebote abgenommen, trotzdem gibt es immer noch Anbieter, die Fans gegen Geld in Aussicht stellen. Lassen Sie sich nicht täuschen: Qualität zählt auch bei Facebook vor Quantität. Wichtig ist es, dass Sie interessierte Menschen in Ihrem Umfeld erreichen und nicht Tausende von möglichen Fake-Nutzern. Wollen Sie neue Fans gewinnen, sollten Sie lieber eine (mitunter sehr preiswerte) Werbekampagne bei Facebook schalten, bei der Sie Ihre Zielgruppe sehr präzise wählen können. Und natürlich sollten Sie den Hinweis auf Ihre Facebook-Seite in allen Materialien der Unternehmenskommunikation aufnehmen – von der Website über Broschüren und Newsletter bis hin zur E-Mail-Signatur.

Foto © oneinchpunch | iStockphoto.com

 

FRESH INFO +++ digital

Über Metaphern

und warum sie die Welt (vielleicht) schlechter machen, als sie sein könnte

von Mathias Röckel

Besserwisserei aus der Zukunft sei ein „billiges Vergnügen“, schreibt Joachim Radkau in dem Buch, das ich gerade lese und wahrscheinlich hat er Recht, aber wenn ich „billig“ höre, kann ich nun mal nicht anders. Außerdem verfolge ich mit diesem Text ein, in diesen so unversöhnlich scheinenden Zeiten, wichtiges Ziel: Ich möchte eine Brücke schlagen zwischen „uns“ und „denen“.

Fangen wir mit dem billigen Vergnügen an.

  • Da wäre das 17. Jahrhundert, als Rationalisten wie Descartes oder Leibniz die Natur als ein seelenloses Zusammenspiel passiver Teilchen darstellten. Druck und Gegendruck, Ursache und Wirkung. Der Lauf der Welt ist determiniert, alles – inklusive der Tiere (aber exklusive der Menschheit) – folgt den Regeln der Mechanik.
     
  • Da wäre das 19. Jahrhundert, als Welt und Mensch mit dem Vokabular der Industrialisierung erklärt und Vorgänge in Organismen mit Vorgängen in Dampfmaschinen erklärt wurden, was unser Sprechen bis heute prägt, wenn wir unserem Körper beispielsweise Brennstoffe zuführen, die wir in Kilojoule messen.
     
  • Da wäre das 19. Jahrhundert, in dem das menschliche Nervensystem mit den frisch verlegten Telegrafenleitungen verglichen wird, das über verschiedene Leitungen und Stationen Nachrichten sendet oder empfängt.

So verfügt jedes Zeitalter über seine Leitmetaphern und so muss sich jede Generation daran messen, wie treffend ihre Metaphern sind – und wie diese vielleicht nicht nur dazu dienen, die Welt zu beschreiben, sondern auch zu verändern.

Die Leitmetapher im Zeitalter der Digitalisierung ist die Digitalisierung

So ist das in unserer Gegenwart und dagegen habe ich auch gar nichts einzuwenden. Ich selbst nutze das Wochenende auch gerne dazu, „meinen Akku aufzuladen“. Und wenn „die Festplatte voll ist“, ruft mich besser niemand an.

Allerdings glaube ich auch, dass wir besser aufpassen und einen einfachen Fehler vermeiden sollten, der, so meine Befürchtung, viel dazu beiträgt, dass die Welt schlechter ist, als sie sein könnte. Ich fürchte nämlich, das Denken im binären System wird oft falsch verwendet. Ich denke, wenn sich Konflikte immer weiter zuspitzen, liegt das – auch – daran, dass wir es uns angewöhnt haben, die Welt anhand von Einsen und Nullen zu erklären.

Dafür oder dagegen. Wir oder die. An oder aus. Austreten oder bleiben. Null oder Eins. Ich bin gegen Volksabstimmungen. Nicht, weil ich mich vor direkter Demokratie fürchte (was ich sehr wohl tue), sondern weil mich die Polarisierung ärgert. Werde ich zu einem Volksentscheid eingeladen und lese die Frage, denke ich immer das Gleiche: So einfach ist das alles nicht. Werde ich gefragt, ob ich dafür oder dagegen bin, sage ich darum: weder noch.

Dennoch, so meine Wahrnehmung, läuft es immer öfter genau darauf hinaus, dass wir solche Entscheidungen treffen sollen. Ob ich mit meiner Wahrnehmung richtig liege? Ob das Problem wirklich mit der Digitalisierung zusammenhängt? Ob nicht andere Ursachen wichtiger sind? Vielleicht machen sich künftige Generationen das Vergnügen, solche Fragen zu beantworten, man wird sehen.

Nicht das binäre System ist das Problem

Was jedoch schon heute klar ist: Falls wir mit unserer polarisierenden Weltsicht die Dinge gefährlich vereinfachen, wäre nicht das binäre System schuld. Schuld wäre unsere Anwendung, schuld wäre unser Unvermögen, über Eins oder Null hinaus zu denken. Denn das binäre System zerlegt die Welt ja nicht in Einsen und Nullen, sondern in Abfolgen von Einsen und Nullen.

Anders gesagt: Legt man mir einen Entscheidungsbaum in die Wahlkabine samt der Möglichkeit, die zur Entscheidung stehende Frage in „Ja, aber“ und „Wenn, dann“ zu zerlegen, verbrächte ich vielleicht mal einen ganzen Sonntag dort.

Damit ist dann auch schon das Ziel dieses Texts genannt. Mein Wunsch ist es: Lasst uns die Welt nicht in Probleme zerlegen, auf die es zwei, sondern auf die es zwei hoch n Antworten gibt. Lasst uns aufhören, „uns selbst“ als Einsen zu betrachten und „die anderen“ als Nullen.

Wer mag, kann jetzt aufhören zu lesen. Wer mag, kann noch dranbleiben und lesen, wie wenig ich über Quantencomputer weiß.

Ausblick: Quantencomputer und sich überlagernde Zustände

Justin Trudeau, Kanadas Premierminister, kann sehr gut erklären, was an Quantencomputern so „exciting“ ist.

Quantencomputer wirken sich auf die Informationstechnik aus: So können sie unter anderem mit weniger Kapazitäten mehr Berechnungen durchführen, was nicht nur die Quantität, sondern auch auf die Qualität der Ergebnisse verändert.

„Don’t get me going on this, or we’ll be here all day”, sagt Trudeau in dem Video und dem schließe ich mich gerne an. Was allerdings bei mir nicht daran liegt, dass ich den ganzen Tag über Quantencomputer reden könnte. Bei mir ist es eher so: Ich könnte den ganzen Tag damit verbringen, die Grundlagen verstehen zu wollen und müsste am nächsten Tag trotzdem wieder von vorne anfangen.

Was ich allerdings verstanden zu haben glaube, ist, dass die den sich überlagernden Zuständen. Superposition. Anders als bei herkömmlichen Computern, bei denen Bits immer genau einen Zustand haben, können die Dinger bei Quantencomputern (da heißen die kleinstmöglichen Speichereinheiten Qubits) mehrere Zustände gleichzeitig haben.

Das wiederum ist eine Eigenschaft, die ich für sehr menschlich halte. Gleichzeitig traurig sein und froh. Etwas nicht wollen und es trotzdem tun oder etwas wollen und es trotzdem nicht tun. Widersprüche oder gar Paradoxien erkennen, hinnehmen und trotzdem weitermachen. Sich beim Gruseln wohl fühlen und beim Wohlfühlen gruseln.

Kennen wir alle, finden wir alle menschlich, möchte wohl niemand missen, liegt, im Moment, jenseits der Reichweite der Digitalisierungsmetapher (oder fällt mir einfach keine ein?) – und zeigt, dass wir beim Versuch, uns die Welt anhand unseres wissenschaftlichen Kenntnisstands im Alltag zu erklären, noch lange nicht am Ende sind.

Foto © a_Taiga | iStockphoto.com